In diesem Blogpost gibt es wieder was für's Herz und einen weiteren Beleg für die Aussage im Titel der ersten Podcast-Staffel “... und du bist nicht zu blöd”. Wenn man es in mehreren Anläufen nicht geschafft hat, könnte man ja meinen, man selbst sei zu blöd oder das Pferd vielleicht zu defizitär. Aber wenn es dann mit ein paar wenigen Informationen und Tipps so schnell so gut wird, kann es daran nicht gelegen haben.
Im August hatte Elli bereits von ihrem Weg mit Aziza berichtet. Die große Frage lautet aber immer: “Wie ging es nach dem Kurs weiter?”
Für mich ist das eine sehr relevante Frage, denn meine Arbeit zielt darauf ab, Selbstwirksamkeit nicht nur bei den Pferden, sondern auch bei den Reitenden zu fördern und beide in die Lage zu versetzen, auch ohne mich weiterzukommen. Wenn dann weitere Kurse gebucht werden, weil alles so spannend ist, freue ich mich natürlich.
“Im Mai diesen Jahres habe ich mit Marens Hilfe die ersten Schritte auf dem Rücken meiner jungen Araberstute zurückgelegt (worüber ich im August berichtet hatte) und nun, wenige Monate später, ist es Zeit für ein erneutes Resümee.
Aus einem hochexplosiven und ängstlichen Jungpferd, welches in allen vorherigen Trainingsversuchen verschiedenster Reitweisen regelmäßig nicht mehr ansprechbar war und so durchgestartet ist, dass es sich dabei einige Male hingelegt hat - aus diesem Jungpferd ist ein Reitpferd geworden, welches schwierigen Situationen durchdacht begegnet und dabei noch hervorragend auf mich aufpasst.
Ich habe mir viele Gedanken gemacht, was genau für Aziza diesen Unterschied zu allem anderen, was wir zuvor probiert haben, macht und dabei kam mir immer wieder der Begriff Selbstwirksamkeit in den Sinn. Selbstwirksamkeit bedeutet, die innere Überzeugung zu haben, schwierige Situationen aus eigener Kraft und mit eigenen Kompetenzen meistern zu können. Sie ermöglicht es jedem Lebewesen, das eigene Leben aktiv selbst zu gestalten.
Alles zuvor Probierte lief auf eine wohlmeinende biomechanische Optimierung von Bewegungsabläufen durch den Menschen, also mich, hinaus. Etwas weniger Selbstwirksamkeit erzeugendes als derartige Manipulation am „Bewegungskompetenzler“ Pferd ist wohl kaum auszudenken.
Aziza hatte sich durchaus immer sehr bemüht, diesen Anforderungen nachzukommen, bekam dadurch aber gleichzeitig auch handfeste körperliche Probleme. All diese Versuche führten nicht zu einer Stabilisierung ihres hypermobilen Körpers und ihrer fragilen Psyche, im Gegenteil. Durch die Manipulation und die Vermittlung dysfunktionaler Bewegungs- und Formvorstellungen („halte deinen Hals so; setze dein Hinterbein dahin“, etc) geriet sie immer weiter in eine „Fragmentierung“ ihres Körpers und eine tiefgehende Ver- und Angespanntheit. Der Kurs “ Argumente für Geländereitende“ war sozusagen unser letzter Versuch.
Maren gab uns in ihren Kursen nicht nur Mut, sondern erstmal kleine, bewältigbare Aufgaben im Gelände, die machbare Schwierigkeiten als Wachstumspotenzial beinhalteten - alles ohne dem Pferd bei der Lösung oder gar den dazu benötigten Bewegungsmustern hineinzuquatschen.
Und so begleitete sie dieses sensible Pferd und mich von kleineren zu größeren Aufgaben, alles in einem Rahmen, der eigene Kompetenzen und Kraft förderte. Sehr bald entwickelte Aziza mehr und mehr eigene Wünsche. Sie wollte Dinge für sich ausprobieren und schleppte mich in Wohngebiete, stand in brenzligen Situationen (fliehende Pferde 2 Meter neben ihr auf einer Koppel) wie ein Fels in der Brandung, damit ich gefahrlos mein gerade über den Sattel schwingendes Bein platzieren konnte und parierte prompt aus vollem Elan durch, weil der Hufschuh nicht mehr am Huf saß, sondern an der Fessel baumelte (ein paar von vielen Beispielen). Bei potentieller Gefahr steht sie nun still, nimmt alle Eindrücke auf, schätzt ein, bewertet durchdacht und marschiert dann unter meinem Zuspruch wohlgemut weiter (ohne bisher ein einziges Mal unter mir explodiert zu sein).
Maren nutzt in ihrer Arbeit auf geniale und bewältigbare Weise kleine (und mit zunehmendem Mut größere) Schwierigkeiten im natürlichen Habitat eines Pferdes (dem Gelände), so dass die Pferde als Resultat wachsen, gedeihen und über sich hinauswachsen Sie werden mutiger, stolzer, kraftvoller und physisch wie psychisch stabiler. Sie wachsen in aller Selbstwirksamkeit hinein in eine Resilienz, die Pferd und Reiter echte Freundschaft ermöglicht. Der immer weiter wachsende Horizont macht das gemeinsame Leben zu einem wunderbaren Abenteuer, von dem man nie genug bekommt und welches regelmäßig leuchtende Augen fabriziert - bei Pferd und Reiter.
„Wenn ich an die Grenzen meines Lichts komme….und in den Schatten trete, dann habe ich entweder festen Boden unter den Füßen oder ich lerne zu fliegen“ (Elisabeth Kübler-Ross)
Die Abstände zwischen den osteopathischen Behandlungen sind jetzt von 6-8 Wochen auf 7 Monate gewachsen.
Danke, liebe Maren, dass du uns Wind geschenkt hast, gegen den wir das Fliegen lernen und dabei in deiner unaufgeregten Weise von Anfang an an uns geglaubt hast! So wird ein Vollblutaraber nicht zu den personifizierten Vorurteilen gegenüber seiner Rasse, sondern zur besten Version seiner selbst, einer Version, die von der engen Verbindung und der besonderen Freundschaft zu „seinem“ Menschen erzählt.”
Tja, Wind ist nunmal das Element des arabischen Pferdes, “Windtrinker” seine Berufung. Ich habe euch nur gezeigt, wie man die angetackerten Flügel löst.
Ich wünsche euch allen einen angenehmen Jahreswechsel mit wenig Ballerei und einen guten Start ins neue Jahr!