Orthodoxe BIOMECHANIK ODER BIOTENSEGRITÄT?
Es handelt sich in diesem Zusammenhang schlicht und ergreifend um zwei unterschiedliche Erklärungsmodelle für lebende Körper in Bewegung. Hier geht es bei Biomechanik um das hebelbasierte Erklärungsmodell für lebende Körper in Bewegung. In einem anderen Zusammenhang ist Biomechanik eine Wissenschaft, die Bewegung von und in Lebewesen erforscht, vermisst, dokumentiert und interpretiert. Ob der Begriff Biomechanik dieser Wissenschaft gerecht wird, ist fraglich, tut hier an dieser Stelle aber nichts zur Sache.
DIE ORTHODOXE BIOMECHANIK WAR LANGE ZEIT
DAS BESTE MODELL
Wenn wir die Fach- und Populärliteratur rund ums Pferd durchforsten, finden wir zahllose Publikationen, die ihre Trainings- und Behandlungsmethoden auf der Biomechanik begründen.
In diesen Schriften werden die „Hebel im Pferd“ ebenso abgehandelt wie die „Hebel gegen das Pferd“. Wir finden Scherkräfte beschrieben und Ausführungen, wie sich Scherkräfte vermeiden lassen. Wir lesen sogar, dass das Pferd seine Vorhand mithilfe der Hebel der Hinterhand anhebe. Ähnliche Erklärungen finden sich auch im Humanbereich.
Nun ist es aber so, dass man zwar auf einen lebenden Körper und vor allem auf seine Gliedmaßen von außen einen Hebel ansetzen kann, wie es beispielsweise im Kampfsport gemacht wird. Im Körper selbst jedoch gibt es keine Hebel.* Daher lässt sich die physiologische Bewegungsorganisation auch nicht durch Hebel erklären.
WENN ES KEINE HEBEL GIBT, WAS GIBT ES STATTDESSEN?
Das ist die Frage, die sich auch Steve Levin (Foto)** in den 80er Jahren des zwanzigsten Jahrhunderts gestellt hat, bis ihm das Konzept von Tensegrity begegnete.
Hier fand er ein Erklärungsmodell, das zwar sehr komplex, aber gleichzeitig auch einfach war. Die ganzen Widersprüche aus der orthodoxen Biomechanik lösten sich für ihn in dem Moment, als er sich vorstellen konnte, wie Tensegrität einem Brontosaurier-Skelett (oder etwas ähnlichem) Leichtigkeit und Beweglichkeit verleihen könnte.
Seitdem hat sich viel getan, viele Menschen haben sich mit Biotensegrität beschäftigt. Je mehr ich im Laufe der letzten Jahre verstanden habe, um so klarer wurde meine Entscheidung für Biotensegrität als das passendere Modell.
IST BIOTENSEGRITY EIN GESCHÜTZTER BEGRIFF?
Nein. Ebenso wenig wie Biomechanik. Oder Chemie. Oder Faszien. Genaugenommen ist es ein Wissenschaftszweig, der die tensegralen Strukturen in Lebewesen erforscht und die (Fort-)Bewegung von Lebewesen anhand tensegraler Prinzipien erklärt. Biotensegrität ist auch ein Erklärungsmodell für Lebewesen in Bewegung. Das Biotensegrity Archive**** hat es sich zur Aufgabe gemacht, alle Informationen, Studien und wissenschaftlichen Grundlagen zum Thema zusammenzutragen, zu veröffentlichen und dafür zu sorgen, dass der Begriff nicht missbräuchlich verwendet wird. Denn: Biotensegrität ist weder eine Therapieform noch eine Trainingsmethode, weder ein Markenzeichen noch ein Patent.
WOFÜR IST BIOTENSEGRITÄT GUT?
Biotensegrität ist ein Schlüssel zu einem neuen, hilfreichen Verständnis bezüglich des Bewegungspotenzials des eigenen Körpers und des Pferdekörpers. Das Denken ändert die Richtung und der Körper seine Gewohnheiten. Alle Lebewesen funktionieren nach den gleichen biotensegralen Prinzipien. Ob und wie weit sie ihr biotensegrales Bewegungspotenzial entwickeln können, hängt von den Möglichkeiten ab, die das Leben ihnen bietet.
UND WIE SIEHT DAS GANZE BEIM PFERD AUS?
Zu diesem Thema durfte ich den Eröffnungsvortrag beim Colloquium "Biotensegrität & Pferdegesundheit" des Biotensegrity Archive halten, an dem unter anderen Tom Myers, Rikke Schultz, Linda Tellington Jones, Mary Wanless und Jean-Luc Cornille teilgenommen haben.
In diesem Video ist alles kurz und knapp zusammengefasst, da der Zeitrahmen begrenzt war und bei allen Teilnehmern mindestens ein Basiswissen über Biotensegrität vorausgesetzt werden konnte. Leider kann die gesamte Veranstaltung nicht veröffentlicht werden, da einige Vortragende Bilder und Daten ihrer Klienten im Vortrag hatten.
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„Jenseits der Biomechanik - Biotensegrity“*** und auf meinem
YouTube-Kanal. Der deutschsprachige Raum ist in Sachen Biotensegrity leider noch Entwicklungsgebiet, was vielleicht daran liegt, dass niemand das englische Wort aussprechen kann und und die deutschsprachige Entsprechung nicht weniger sperrig ist. Wir müssen die Sprache für Biotensegrität erst noch entwickeln! In englischer Sprache gibt es viel mehr Literatur, sowohl in Buchform als auch auf verschiedenen Homepages.****
*Die Videos über die Hebel im Pferd (Gute Gründe für ein hebelfreies Erklärungsmodell) findet ihr auf meinem
YouTube-Kanal.
**Homepage von Steve Levin:
www.biotensegrity.com
*** Amazon-Link zu
"Jenseits der Biomechanik - Biotensegrity"
****Linksammlung auf
www.Biotensegrity.de und
www.BiotensegrityArchive.org
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