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Wachstum durch Austausch

Maren Diehl • 28. Dezember 2022

Pause zwischen den Jahren? Nö.

Kurz vor Weihnachten wurde die Übersetzung der Präsentation "Bodenreaktionskräfte" ins Englische (dank Caroline Limperts Hilfe) endlich halbwegs versandfähig. Der Zweck der Übung war, meinen Kursaufbau und die Inhalte einem Peer-Review-Prozess durch die durchweg englischsprachigen Mitglieder des Biotensegrity Archive zu unterziehen. Nach nur wenigen Stunden hatte ich die ersten Bearbeitungen im Postfach und das Ergebnis war klar: Arbeit zieht Arbeit nach sich.

 

Der Prozess ist alleine deshalb anspruchsvoll, weil der Kurs ja für Pferdemenschen konzipiert ist. Da das Biotensegrity Archive aber aus Nichtreitenden besteht, musste ich die englische Version für diese anpassen. Dabei wurde ganz klar, dass es für Reitersleute "das Pferd" als solches nicht gibt, weil jedes Pferd sein Potenzial nur so weit entwickeln kann, wie es die Reitweise und die Bewegungsvorstellungen der Reitenden zulassen. Die unterschiedlichen Versionen von "Pferd" wiederum rufen bei den Nichtreitenden oft völliges Unverständnis hervor - was mir wiederum die die Pferdewelt durchziehenden Abstrusitäten so richtig bewusst macht.

 

Eine Frage von vielen war beispielsweise, warum ein Pferd seinen Rücken wie eine Hängematte benutzen sollte? Das ist unter so ziemlich allen Blickwinkeln von außerhalb der Pferdewelt völlig unsinnig, während die Bilder von Hängemattenpferden (selbst bei denen, die angeblich "den Rücken aufwölben") reitweisenübergreifend zur Norm geworden sind.


Obwohl meine Perspektive und mein Bewegungsverständnis in Bezug auf die Reitweisen bereits "out of the box" sind, hilft mir die Zusammenarbeit mit dem Biotensegrity Archive in dieser Hinsicht aus der noch viel größeren Box der Pferdewelt heraus.

 

Nun folgt die Rückübertragung ins Deutsche, denn: Im Januar startet die Neufassung des Kurses "Bodenreaktionskräfte", in die alle neuen Erkenntnisse aus dem Übersetzungs- und Klärungsprozess einfließen werden. Nichtsdestotrotz gilt der Text aus der Kursbeschreibung noch:


"Was wäre, wenn Fortbewegung grundsätzlich mit viel weniger Muskelarbeit verbunden wäre, als ihr gelernt habt? Was wäre, wenn "Schub" etwas ganz anderes wäre, als ihr gedacht habt? Wenn alles ganz anders funktionieren würde, als ihr bisher geglaubt habt?


Was wäre, wenn ihr die Physik der Fortbewegung verstehen könntet?

Ohne Physik studiert zu haben?


Was wäre, wenn euer Pferd weder auf den Reibungswiderstand noch auf die Gleitfähigkeit des Untergrundes angewiesen wäre? Was wäre, wenn Galopp und Trab bergab überhaupt kein Problem wären?


Genial, oder?"

 

Wenn ihr also bereits an den Kursen "Argumente für Geländereitende" oder den "Biotensegrity Pioneers" Gefallen gefunden habt, erweitert dieser Kurs euer Verständnis gewiss nochmals! Es ist auch möglich, mit dem Kurs über die Bodenreaktionskräfte in mein Kursangebot einzusteigen, da dieser in sich "rund" ist. Allzu wissensdurstige Forschende müssen allerdings mit Folgekosten rechnen.


Ich wünsche euch einen angenehmen Jahreswechsel 

und hoffe, euch im nächsten Jahr zu sehen. 

Maren

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Wo liegt eigentlich euer Fokus, wenn ihr mit eurem Pferd zusammen seid oder mit einem Klientenpferd? Wie sieht euer Weg mit diesem Pferd aus? 

Habt ihr ein Bild davon, wie euer Pferd oder dieses Klientenpferd als starkes, gesundes und belastbares Pferd aussehen würde? Habt ihr eine Vorstellung von den Potenzialen eures Pferdes? Wisst ihr, was es leisten könnte und wollte? 

Ein sehr großer Teil der Pferde, die ich sehe, ist dauerhaft in Behandlung oder Reha, kaum belastbar, und es haben sich ganze Ausbildungssysteme für kleinschrittige Bewegungsoptimierung entwickelt. Diese werden inzwischen leider auch auf die Ausbildung junger Pferde angewandt, die als erstes lernen müssen, so zu laufen wie das kaputte Rehapferd, das keinen Schritt neben der Spur machen darf. 

Ein kleiner Teil der Reiter und Pferde hat das Zeug für den großen Sport, wobei die meisten dieser Pferde ihr Niveau nur durch intensive Betreuung und Behandlung eine Zeit lang halten können. Das sind also nicht zwangsläufig die belastbarsten Pferde, sondern eher die besttherapierten. 

Bei den ehrgeizigen Reiter*innen kommt es darauf an, korrekte Hilfen zu geben, die vom Pferd ebenso korrekt befolgt werden müsse. Die Ausbildungsskala beginnt mit Seitengängen und der hohen Schule... Die meisten von ihnen bleiben irgendwann stecken, es geht nicht weiter, der Gaul will nicht mehr und wird krank. Womit diese Gruppe eine große Schnittmenge mit den anderen beiden Gruppen aufweist. 

Es gibt sicher noch viele weitere Gruppen, die sich dadurch auszeichnen, dass sie diese Schnittmengen mit den oben genannten haben. 

Eine sehr eigene Gruppe mit wenigen Schnittmengen ist die der gesunden und belastbaren Pferde. Anstatt nun weiter die Abstrusitäten zu betrachten, schauen wir doch einfach mal, wodurch sich diese Gruppe auszeichnet: 

Diese Pferde bewegen sich viel im Gelände, auf unterschiedlichen Untergründen und können sich in allen Gangarten bergauf und bergab bewegen. Sie stolpern selten, haben eine gute und unempfindlich Sattellage und tragen ihre Reiter*innen sicher. Sie sind in der Lage, Geländehindernisse wie Gräben und Baumstämme, Bäche und Hänge zu überwinden. Notfalls kommen sie auch auf dem Reitplatz klar... 

Diese Pferde sind ausdauernd, belastbar, meistens recht zuverlässig, unternehmungsfreudig und vor allem selten krank. Sie sind irgendwie normal. 

Es ist ein Trugschluss, dass die Pferde das können, weil sie gesund sind. Sie sind gesund, weil sie das können und weil sie ihren eigenen Aufgabenbereich haben. 

Es gibt einen gangbaren Weg dorthin.

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