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Nachlese Bullshit-Bingo

Maren Diehl • 15. September 2024
Schokotörtchen-Bingo

Zwanzig Podcast-Folgen Bullshit-Bingo haben wir produziert, Silke Jahn und ich. Das bedeutet mindestens zwanzig Mal intensive Beschäftigung mit den Gedanken und Meinungen, den Theorien und Formulierungen, den Büchern, Videos, Postings und Artikeln anderer Leute. Das bedeutet zwanzig Mal Inhalte auf den Punkt bringen und den Fehler im System herausarbeiten.

An dieser Stelle herzlichen Dank an unsere Hörerinnen und Hörer, die immer ungeduldig auf die nächste Folge gewartet und uns so schöne Rückmeldungen geschrieben und gesprachnachrichtet haben. Welchen Gewinn haben sie aus der Podcast-Staffel gezogen?

Es haben diejenigen Hörerinnen und Hörer vom Podcast am meisten profitiert, die immer dachten, sie seien zu blöd, um die ganzen Begründungen zu verstehen, was man unbedingt wie mit seinem Pferd machen muss oder was man auf keinem Fall machen darf. Die, die keinen Zusammenhang herstellen konnten zwischen Bildern und Texten in Büchern und Blogposts. Es ist aber auch vielen von denen ein Licht aufgegangen, die sich zunehmend schlecht gelaunt oder verzweifelt mit immer schlechter gelaunten, verzweifelnden und kränker werdenden Pferden in irgendwelchen Trainingssystemen abgemüht haben. Und auf lange Sicht werden die SchülerInnen und PatientInnen der Hörerinnen profitieren, die mit Hilfe des Podcasts verstanden haben, was bislang falsch gelaufen ist.

Liebe diese Hörerinnen und Hörer, für euch haben wir uns gerne ins Zeug gelegt!

Zwanzig Folgen Bullshit-Bingo bedeutebedeuten  auch, Emails und Nachrichten auszuhalten, in denen die Stars der Serie verteidigt werden, weil sie ja so nett sind, Pferde lieb haben, sich solche Mühe geben und ja auch schon Pferden geholfen haben. Oder Mails, mit denen einem nahegelegt wird, eine bestimmte Podcastfolge offline zu schalten, damit man in einer Facebook-Gruppe noch mitspielen darf.

   

Das Einzige, was definitiv nicht dabei war, waren Mails mit inhaltlichem Bezug auf die Kritikpunkte oder gar deren Widerlegung. Nada. Niente. Kein Wort zu den grundlegenden, mehrfach besprochenen Fehlern in den Systemen. Und das ist schade.

Kein Wort zu Teesieb und Bauchpendel, kein fachliches Statement zu "serratum ventricalitate" oder sperrangelweit geöffnetem Lumbosakralgelenk im Rückwärtsgang am Hang, keine pädagogisch wertvolle Begründung für “bissl mehr Biegung über dem Sprung”.

Hier braucht es Diskussionen, und zwar nicht im Sinne von “es gibt Schlimmeres” oder “ja aber, die Oliven (FN, Akademiker, Baucheristen, etc)”, sondern Diskussionen über Prinzipien der funktionalen Anatomie. Wir brauchen Diskussionen mit allen Professionen (ups, wir haben in der Podcast-Staffel die Hufe vergessen!). Wir brauchen keine Podiums-Kuscheldebatten des Klubs gegenseitiger Bewunderung, sondern eine faktenbasierte nervige, desillusionierende und bestimmt auch oft schmerzhafte Diskussion über die Grundlagen der Pferdeausbildung und der therapeutischen Ansätze, über einen Paradigmenwechsel.

Solange sich in den Filterblasen von Verbänden, Reitweisen, Therapierichtungen immer nur über einander ausgelassen wird, ohne sich mit der Kritik an der eigenen Arbeit auseinanderzusetzen, solange seitenweise Abhandlungen über die eigene Arbeit verfasst werden, ohne benannte Kritikpunkte fachlich zu widerlegen, so lange wird der aufzuteilende Kuchen immer größer und die Zahl der gesunden Pferde immer geringer.

Darauf haben wir aber nur geringen Einfluss. Wir haben unseren Job gemacht. Ihr wisst jetzt Bescheid und erkennt ein Schokotörtchen, wenn ihr drin steht.

Vielleicht sehen wir uns ja noch in einem der letzten Kurse in diesem Jahr. Schaut einfach mal im Shop vorbei! 


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Wo liegt eigentlich euer Fokus, wenn ihr mit eurem Pferd zusammen seid oder mit einem Klientenpferd? Wie sieht euer Weg mit diesem Pferd aus? 

Habt ihr ein Bild davon, wie euer Pferd oder dieses Klientenpferd als starkes, gesundes und belastbares Pferd aussehen würde? Habt ihr eine Vorstellung von den Potenzialen eures Pferdes? Wisst ihr, was es leisten könnte und wollte? 

Ein sehr großer Teil der Pferde, die ich sehe, ist dauerhaft in Behandlung oder Reha, kaum belastbar, und es haben sich ganze Ausbildungssysteme für kleinschrittige Bewegungsoptimierung entwickelt. Diese werden inzwischen leider auch auf die Ausbildung junger Pferde angewandt, die als erstes lernen müssen, so zu laufen wie das kaputte Rehapferd, das keinen Schritt neben der Spur machen darf. 

Ein kleiner Teil der Reiter und Pferde hat das Zeug für den großen Sport, wobei die meisten dieser Pferde ihr Niveau nur durch intensive Betreuung und Behandlung eine Zeit lang halten können. Das sind also nicht zwangsläufig die belastbarsten Pferde, sondern eher die besttherapierten. 

Bei den ehrgeizigen Reiter*innen kommt es darauf an, korrekte Hilfen zu geben, die vom Pferd ebenso korrekt befolgt werden müsse. Die Ausbildungsskala beginnt mit Seitengängen und der hohen Schule... Die meisten von ihnen bleiben irgendwann stecken, es geht nicht weiter, der Gaul will nicht mehr und wird krank. Womit diese Gruppe eine große Schnittmenge mit den anderen beiden Gruppen aufweist. 

Es gibt sicher noch viele weitere Gruppen, die sich dadurch auszeichnen, dass sie diese Schnittmengen mit den oben genannten haben. 

Eine sehr eigene Gruppe mit wenigen Schnittmengen ist die der gesunden und belastbaren Pferde. Anstatt nun weiter die Abstrusitäten zu betrachten, schauen wir doch einfach mal, wodurch sich diese Gruppe auszeichnet: 

Diese Pferde bewegen sich viel im Gelände, auf unterschiedlichen Untergründen und können sich in allen Gangarten bergauf und bergab bewegen. Sie stolpern selten, haben eine gute und unempfindlich Sattellage und tragen ihre Reiter*innen sicher. Sie sind in der Lage, Geländehindernisse wie Gräben und Baumstämme, Bäche und Hänge zu überwinden. Notfalls kommen sie auch auf dem Reitplatz klar... 

Diese Pferde sind ausdauernd, belastbar, meistens recht zuverlässig, unternehmungsfreudig und vor allem selten krank. Sie sind irgendwie normal. 

Es ist ein Trugschluss, dass die Pferde das können, weil sie gesund sind. Sie sind gesund, weil sie das können und weil sie ihren eigenen Aufgabenbereich haben. 

Es gibt einen gangbaren Weg dorthin.

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