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Austherapiert?

Maren Diehl • 6. Oktober 2024
Schokotörtchen-Bingo

Es gibt mal wieder eine neue mutmachende Ponygeschichte! Es ist die Geschichte von Jona und Annina, eine Geschichte über das Lernen, das Tun und das Beobachten.

Im August bekam ich eine E-Mail von Annina, die im Januar ‘24 den Kurs über die Bodenreaktionskräfte mitgemacht hat und im Mai 24 bei den Biotensegrity Pioneers dabei war:

“Hallo Maren,

ich muss dir einfach nochmal schreiben.
Jona wird ständig noch fitter, und das, obwohl ich immer wieder denke „super, dass wir das erreicht haben, wenn es so bleibt, wäre ich schon glücklich.



 Fühlig ist sie auch nicht mehr wirklich. Ich habe gestern ein Kompliment für ihre Hufe bekommen, die mal so katastrophal aussahen, dass eine Fachfrau meinte, sie könne so keine Hufschuhe anpassen. Heute gab’s dann ein Kompliment für ihre Figur von einer Person, die sich sonst immer über zu dicke Ponies lustig macht, und das, obwohl Jona seit 2 Wochen auf der Wiese steht.

Ich steige jedes Mal mit einem fetten Grinsen vom Pferd und freue mich einfach nur, wie toll sie ist und wie viel Spaß alles macht und wie gut es ihr geht.

Vielen vielen Dank für deinen unermüdlichen Einsatz!
Mir/Uns hast du schon sehr geholfen. :)”

Diese Nachricht hat mich sehr gefreut, und so habe ich Annina nach der ganzen Geschichte gefragt, die sie dann für euch aufgeschrieben hat:

Das Thema Biotensegrität und damit auch Marens Bücher sind schon vor einigen Jahren an meinem reiterlichen Horizont aufgetaucht. Nur anfangen konnte ich damit zunächst noch nicht so viel.

Heute ist das Wissen zur Biotensegrität, das ich aus Marens Kursen mitnehmen konnte, aus meiner Arbeit als Pferdetherapeutin und auch meinem privaten Umgang mit den Pferden nicht mehr wegzudenken.

Auslöser hierfür war unsere Tinkerstute Jona. Mit 18 Jahren bekam sie die Diagnose “chronische Sehnenentzündung hinten beidseits wegen starker Durchtrittigkeit”, und die Prognose war schlecht, “keine Chance auf Besserung und kann nur noch im Schritt bewegt werden”.

Mein Pferdephysiotherapeutenherz konnte dies so nicht stehen lassen. Ich therapierte die Sehnen mit dem Laser und versuchte Jona mit Hilfe der sogenannten Faszientherapie bzw. des „biotensegralen Trainings“ aus ihrer Durchtrittigkeit herauszuholen. Die Symptome wurden tatsächlich besser, aber nicht wirklich gut. Und sie wurde einfach nicht stabil.

In Bewegung sah sie ganz gut aus, aber sobald sie stehen blieb, fiel ihr gesamter Körper wieder in sich zusammen. Auch symptomatisch wurde sie nicht wirklich stabil: Sie war gesund genug ihre Probleme zu kompensieren, aber wenn sie ein bisschen zu viel galoppierte, ging sie doch selbst im Schritt wieder lahm. Den Trab bekamen wir überhaupt nicht lahmfrei.

Frustriert und gleichzeitig durch die Geburt unseres Sohnes in meinen Möglichkeiten sehr eingeschränkt, beschloss ich, meine Babypause wenigstens online zu nutzen und das Thema Biotensegrität zu vertiefen. Ein Glücksgriff!

Je mehr von dem Wissen ich aus Marens Kursen umsetzte, desto stabiler wurde Jona. Sie sackte nicht mehr so in sich zusammen und es gab erste positive Kommentare aus meinem Umfeld, dass ihre Durchtrittigkeit deutlich besser geworden sei.

Als es die Umstände zuließen, begann ich mit Marens Ideen im Gepäck sie langsam wieder zu reiten. Und tatsächlich zeigte Jona vorwärts ans Gebiss ziehend einen taktklaren Trab!

Heute, Anfang Oktober 24, einige (gar nicht so viele) Monate des Ausprobierens und Übens später, gehe ich mit Jona wieder mit viel Spaß in allen drei Gangarten ausreiten. Sie ist fit, war seit dem nicht mehr lahm und ist auch mental wie ausgetauscht: voller Lebensfreude und gleichzeitig so gelassen und easy im Handling wie noch nie zuvor.

Und trotz ihrer 20 Jahre beobachte ich auch viele weitere „Problemzonen“, die sich wie nebenbei verbessern: ihre Hufe sind auf einmal ganz ansehnlich, ihre Figur ist deutlich besser als in all den Jahren, die wir sie viel regelmäßiger arbeiten konnten als heute mit kleinen Kindern (und das fällt auch Stallkollegen auf!), sie hatte schon lange keine Koliksymptome mehr und ist auch mit anderen Pferden auf einmal viel verträglicher.

Was ich am meisten liebe an diesem Weg mit Pferden zu arbeiten, ist, dass es keine Perfektion braucht, damit es gut wird. Die richtigen Ideen reichen und es fühlt sich an, als ob die Pferde sich alles davon rausziehen, was sie brauchen, um gesund zu werden. Damit kann sogar ein austherapiertes Frührentnerpferd wieder zum belastbaren Reitpferd werden, ab einem gewissen Punkt auch ohne dass ständig manuell nachtherapiert werden muss!

Liebe Grüße
Annina"

In dieser Geschichte ist so vieles, was Mut macht. Nicht nur hat sich ein Pferd im Alter von 20 Jahren körperlich noch einmal so deutlich verbessern können, das Ganze fand auch in Eigenregie statt - trotz der zeitlichen Einschränkung durch den menschlichen Nachwuchs, die vielen Pferden zum Verhängnis wird. Das in den Kursen vermittelte Wissen und die Begleitung über einmal vier Wochen und einmal drei Monate haben ausgereicht, um sich selbstbestimmt und eigenmächtig mit dem Pferd auf den Weg machen zu können.
 

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Wo liegt eigentlich euer Fokus, wenn ihr mit eurem Pferd zusammen seid oder mit einem Klientenpferd? Wie sieht euer Weg mit diesem Pferd aus? 

Habt ihr ein Bild davon, wie euer Pferd oder dieses Klientenpferd als starkes, gesundes und belastbares Pferd aussehen würde? Habt ihr eine Vorstellung von den Potenzialen eures Pferdes? Wisst ihr, was es leisten könnte und wollte? 

Ein sehr großer Teil der Pferde, die ich sehe, ist dauerhaft in Behandlung oder Reha, kaum belastbar, und es haben sich ganze Ausbildungssysteme für kleinschrittige Bewegungsoptimierung entwickelt. Diese werden inzwischen leider auch auf die Ausbildung junger Pferde angewandt, die als erstes lernen müssen, so zu laufen wie das kaputte Rehapferd, das keinen Schritt neben der Spur machen darf. 

Ein kleiner Teil der Reiter und Pferde hat das Zeug für den großen Sport, wobei die meisten dieser Pferde ihr Niveau nur durch intensive Betreuung und Behandlung eine Zeit lang halten können. Das sind also nicht zwangsläufig die belastbarsten Pferde, sondern eher die besttherapierten. 

Bei den ehrgeizigen Reiter*innen kommt es darauf an, korrekte Hilfen zu geben, die vom Pferd ebenso korrekt befolgt werden müsse. Die Ausbildungsskala beginnt mit Seitengängen und der hohen Schule... Die meisten von ihnen bleiben irgendwann stecken, es geht nicht weiter, der Gaul will nicht mehr und wird krank. Womit diese Gruppe eine große Schnittmenge mit den anderen beiden Gruppen aufweist. 

Es gibt sicher noch viele weitere Gruppen, die sich dadurch auszeichnen, dass sie diese Schnittmengen mit den oben genannten haben. 

Eine sehr eigene Gruppe mit wenigen Schnittmengen ist die der gesunden und belastbaren Pferde. Anstatt nun weiter die Abstrusitäten zu betrachten, schauen wir doch einfach mal, wodurch sich diese Gruppe auszeichnet: 

Diese Pferde bewegen sich viel im Gelände, auf unterschiedlichen Untergründen und können sich in allen Gangarten bergauf und bergab bewegen. Sie stolpern selten, haben eine gute und unempfindlich Sattellage und tragen ihre Reiter*innen sicher. Sie sind in der Lage, Geländehindernisse wie Gräben und Baumstämme, Bäche und Hänge zu überwinden. Notfalls kommen sie auch auf dem Reitplatz klar... 

Diese Pferde sind ausdauernd, belastbar, meistens recht zuverlässig, unternehmungsfreudig und vor allem selten krank. Sie sind irgendwie normal. 

Es ist ein Trugschluss, dass die Pferde das können, weil sie gesund sind. Sie sind gesund, weil sie das können und weil sie ihren eigenen Aufgabenbereich haben. 

Es gibt einen gangbaren Weg dorthin.

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