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Noch eine mutmachende Ponygeschichte. Heute: Isländisch.

Maren Diehl • 18. März 2023
Ein glücklicher Isländer

Oft ist ja die Frage, was es braucht, um ein Pferd in positive Bewegungsabläufe zu bringen. Oder wie man einem Pferd Biotensegrität erklärt. Und was genau denn jetzt den Unterschied macht. Vilde Elvestad und ihr Islandpferd Prakkari haben ihren eigenen Weg gefunden.


Letzte Woche habe ich diese Vorher-Nachher-Bilder aus Norwegen zugeschickt bekommen. Das Pferd war in seiner Jugend extrem übergewichtig (540kg!) und bewegte sich eher nicht freiwillig. Auch in der Herde spielte er nicht. Nachdem er bei Vilde Elvestad eingezogen war, speckte sie ihn über zwei Jahre im Gelände ab und arbeitete ihn danach zusätzlich zu den Ausflügen ins Gelände nach bestem Wissen dressurmässig - allerdings nicht zu ihrer eigenen Zufriedenheit. 


2021 nahm sie am Colloquium Biotensegrity & Equine Health des Biotensegrity Archive teil, bei dem ich den Einführungsvortrag gehalten habe (den ihr auch übersetzt auf meinem Youtube-Kanal findet) und las mein Buch über Biotensegrität. Oder umgekehrt?


Kurz nach dem Colloquium schickte sie mir zwei vorher-Nachher-Videos um sicherzugehen, dass sie sich auf dem richtigen Weg befand. Ich fand: ja, und das Pferd schien das auch zu finden.


Seitdem hat sie sich an den Prinzipien der Biotensegrität orientiert und ihrem Pferd damit zu einer unglaublichen Ausstrahlung verholfen. Es scheint viel mehr Pferd zu sein, und das gesamte Interieur scheint sich mit gewandelt zu haben. 


Was genau hat sie gemacht?


"In der Zeit (als das Pferd nach einem Stallwechsel physisch und psychisch völlig am Ende war) zeigte mir meine Freundin (die aus denselben Gründen wie ich das vorherige Trainingssystem aufgegeben hat) dieses neue Buch mit dem Titel Beyond Biomechanics: Biotensegrity...


Und jeder einzelne Satz in diesem Buch resonierte in mir.


Das war es, was mir gefehlt hatte. Ich setzte mich hin, erstellte einen brandneuen Trainingsplan für P. und begann meine neue Reise auf diesem brandneuen Weg. Ich bin, ungelogen, wahrscheinlich in jede einzelne Falle getappt, in die man tappen kann, es war frustrierend, es war einsam, aber hier sind wir nun. 😊 Gott sei Dank hatte ich meine Freundin, die mich unterstützte. Wir haben stundenlang telefoniert und über Tensegrity, Dressur, usw. usw. diskutiert. Seitdem ich dein Buch gelesen habe, habe ich beschlossen, alles zu lernen, was ich lernen kann. Ich wollte die Worte der "Dressurmeister" nicht als Tatsachen hinnehmen, sondern alles selbst lernen. Ich habe unzählige Stunden damit verbracht, Anatomie, Faszien, Rotationen der Wirbelsäule, das Skelett zu studieren, alles, was du erwähnt hast - ich habe es studiert. Ich habe gelernt, wie man P trimmt und beschlägt und habe seine Füße wieder auf Vordermann gebracht. Ich bin immer noch auf demselben Weg, und es fühlt sich großartig an. Ich bin mir nicht sicher, ob ich es als etwas Besonderes bezeichnen würde. Es ist nicht Legerete, es ist nicht aaor, es ist nicht klassisch. Ich würde es wohl einfach "Gefühl" nennen.

Ich denke, die Art und Weise, wie du es in deinem Buch beschreibst, ist die beste Art und Weise zu beschreiben, wie P jetzt ist. Er füllt den Raum seines Potenzials aus ??


Wir haben noch sooo viel vor uns. Wir sind immer noch nur an der Oberfläche, aber zum ersten Mal habe ich wirklich Spaß an der Dressur und das ruhige Sonntagspony, das ich früher hatte, ist jetzt sehr eigensinnig, kämpferisch und weiß, was es wert ist. ❤ Und er findet Dressur auch cool ❤ Es fühlt sich so gut an, zu sehen, dass die Dinge, an denen wir im Viereck arbeiten, seine Bewegung auf der Weide in einem solchen Ausmaß beeinflussen."


Vilde hat in den letzten eineinhalb Jahren ihr gesamtes Erfahrungs- und Buchwissen anhand der Prinzipien der Biotensegrität überprüft, Unpassendes aussortiert, Neues integriert. Zuvor hatte, wie sie es mir beschrieb, jeder Versuch, die dressurmäßige Arbeit vom Schritt in den Trab zu übertragen, im equinen Äquivalent eines Flugzeugabsturzes geendet. Heute hat man den Eindruck, dass das Pferd regelrecht abhebt, und das mit Begeisterung.


Viele weitere tolle Bilder von Vilde und Prakkari findet ihr in ihrem Instagram-Account: https://www.instagram.com/vildeelvestad/


Vildes Originaltext:


"This is when my friend (who no longer does ... for the same reasons as me) showed me this new book she had picked up, called Beyond biomechanics: Biotensegrity...


And every single sentence in that book resonated with me.


This is what I was lacking. ❤ I sat down, wrote up a brand new training plan for P and started my new journey on this brand new path. I am not gonna lie, I’ve probably fallen into every single pitfall there is to fall into, it’s been frustrating, it’s been lonely, but here we are. 😊 Thank goodness I’ve had my friend to back me up. We’ve had hours upon hours of phonecalls discussing tensegrity, dressage, etc etc. 


Ever since I read your book I decided to learn everything I could learn. To not take the “dressage masters” words for facts, but to learn everything myself. I’ve spent countless hours studying anatomy, fascia, rotations of the spine, the skeleton, you name it I studied it. I learned to trim and shoe P and got his feet back on track. I’m still on the same path and it feels amazing. I’m not sure I would call it anything particular. It’s not Legerete, it’s not aaor, it’s not classical. I suppose I would just call it “feeling”.

I think the way you describe it in your book is the best way the describe how P is now. He fills his potential space ??


We still have sooo far to go. We’re only touching the surface still, but for the first time I’m really enjoying dressage and the quiet Sunday pony I used to have is now very opinionated, fierce and knows his worth. ❤ And he thinks dressage is cool too ❤ It feels so good to see that the things we work on in the arena affect his movement out in the pasture to such a degree."


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Wo liegt eigentlich euer Fokus, wenn ihr mit eurem Pferd zusammen seid oder mit einem Klientenpferd? Wie sieht euer Weg mit diesem Pferd aus? 

Habt ihr ein Bild davon, wie euer Pferd oder dieses Klientenpferd als starkes, gesundes und belastbares Pferd aussehen würde? Habt ihr eine Vorstellung von den Potenzialen eures Pferdes? Wisst ihr, was es leisten könnte und wollte? 

Ein sehr großer Teil der Pferde, die ich sehe, ist dauerhaft in Behandlung oder Reha, kaum belastbar, und es haben sich ganze Ausbildungssysteme für kleinschrittige Bewegungsoptimierung entwickelt. Diese werden inzwischen leider auch auf die Ausbildung junger Pferde angewandt, die als erstes lernen müssen, so zu laufen wie das kaputte Rehapferd, das keinen Schritt neben der Spur machen darf. 

Ein kleiner Teil der Reiter und Pferde hat das Zeug für den großen Sport, wobei die meisten dieser Pferde ihr Niveau nur durch intensive Betreuung und Behandlung eine Zeit lang halten können. Das sind also nicht zwangsläufig die belastbarsten Pferde, sondern eher die besttherapierten. 

Bei den ehrgeizigen Reiter*innen kommt es darauf an, korrekte Hilfen zu geben, die vom Pferd ebenso korrekt befolgt werden müsse. Die Ausbildungsskala beginnt mit Seitengängen und der hohen Schule... Die meisten von ihnen bleiben irgendwann stecken, es geht nicht weiter, der Gaul will nicht mehr und wird krank. Womit diese Gruppe eine große Schnittmenge mit den anderen beiden Gruppen aufweist. 

Es gibt sicher noch viele weitere Gruppen, die sich dadurch auszeichnen, dass sie diese Schnittmengen mit den oben genannten haben. 

Eine sehr eigene Gruppe mit wenigen Schnittmengen ist die der gesunden und belastbaren Pferde. Anstatt nun weiter die Abstrusitäten zu betrachten, schauen wir doch einfach mal, wodurch sich diese Gruppe auszeichnet: 

Diese Pferde bewegen sich viel im Gelände, auf unterschiedlichen Untergründen und können sich in allen Gangarten bergauf und bergab bewegen. Sie stolpern selten, haben eine gute und unempfindlich Sattellage und tragen ihre Reiter*innen sicher. Sie sind in der Lage, Geländehindernisse wie Gräben und Baumstämme, Bäche und Hänge zu überwinden. Notfalls kommen sie auch auf dem Reitplatz klar... 

Diese Pferde sind ausdauernd, belastbar, meistens recht zuverlässig, unternehmungsfreudig und vor allem selten krank. Sie sind irgendwie normal. 

Es ist ein Trugschluss, dass die Pferde das können, weil sie gesund sind. Sie sind gesund, weil sie das können und weil sie ihren eigenen Aufgabenbereich haben. 

Es gibt einen gangbaren Weg dorthin.

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