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Mutmachende Ponygeschichten - Fine wird fit! (3)

Maren Diehl • 15. Juli 2023
Fine ist fit

Wir kommen zum großen Finale der Trilogie, zum versprochenen Highlight. Ihr glaubt nicht, mit wie viel Begeisterung ich Fines Entwicklung verfolgt habe! Saskias Beschreibungen haben in mir ein Glücksgefühl ausgelöst, als wäre ich live dabei gewesen. Ich wünsche euch ganz viel Freude damit:


Liebe Maren,


jetzt habe ich mir die ersten beiden Teile nochmal durchgelesen und sie gefallen mir immer noch ganz gut. Ich fürchte nur, der dritte Teil wird jetzt unverhältnismäßig lang: 


Nachdem Fine gut aufgebaut hatte und sich immer besser bewegte, konnte man nicht nur körperlich eine schöne Veränderung beobachten, sondern auch mental kam Fine immer mehr zur Ruhe und in ihrem Körper an. Sie wurde immer selbstbewusster und kommunikativer und wenn ich mit der Besitzerin nach der Einheit noch einen Tee trank, kam Fine immer dazu, um noch eine Weile mit uns zu quatschen. Wir standen einfach zusammen und beratschlagten die nächsten Schritte und es war, als würde Fine mitreden.


Wir wollten ihr jetzt zu mehr Stabilität verhelfen, denn Maren sagte, wenn Fine wirklich von innen heraus stabil wird, wird sie jeder Belastung standhalten, auch im Dressurviereck. Natürlich auch mit einer neuen Idee vom Reiten seitens der Besitzerin. Und dass Fine da gerne hinmöchte, ist nicht von der Hand zu weisen. Sie weiß was dort zu tun ist, ihr fehlt nur noch der letzte Funke Verständnis für das Wie.


Da ich mittlerweile im Biotensegrity-Visionaires-Kurs bei der Gebrauchshaltung für ECVM-Pferde angekommen bin, war der nächste Schritt für uns, diese möglichst im Gelände zu erarbeiten. Da Fine schonmal ganz ordentlichen explodieren konnte, beschlossen wir noch einen Zwischenschritt zu gehen und unsere nächste Einheit auf ein riesiges, eingezäuntes Areal, mit einer tollen Geländestrecke, unterschiedlichen Böden und einer weiten Wiese zu verlegen. 


Im Vordergrund sollten Spaß und Leichtigkeit stehen und vielleicht ein erster Gedanke vom Ziehen ans Gebiss. Was tatsächlich passierte, hat mich ziemlich umgehauen! Ans Gebiss ziehen, musste man Fine nicht erklären, sie war sofort da und flog mit ihren gewaltigen Gängen schier über das Gelände, sodass ich noch in ein paar Metern Entfernung regelrecht selbst die Kraft ihrer Hinterhand in meinen Händen spüren konnte. In diesem Moment wurde mir klar, was es auf sich hat mit dem Raum der Möglichkeiten aus Marens Buch und dass es an uns ist, ihn zu füllen. Fine hat ihn wahrgenommen, ich habe ihn wahrgenommen und die Besitzerin auf Fines Rücken (die ich um den Moment beneidet habe) hat ihn wahrgenommen und es war unser gemeinsamer Raum, unendlich groß und unfassbar motivierend. Wir waren beim Teetrinken hinterher alle drei sehr begeistert….


Auf der Heimfahrt hing mir dieses Gefühl von „nach vorne ans Gebiss ziehen“ noch lange nach und eine alte Erinnerung kam in mir hoch. Ich stehe mit meiner ebenfalls schönen Hannoveranerstute „Linda Lu“ im Parcours und grüße. Ihr Kopf ist hoch erhoben, sie hat alle Hindernisse im Blick. Ein Gedanke von mir reicht und sie ist im Galopp, fragt nach der Richtung und zieht ans Gebiss. Sie kennt und liebt ihren Job und nimmt mich einfach mit, eigentlich lenke ich nur und genieße das Gefühl von Einheit mit meinem Pferd. Am letzten Sprung wird mir klar, dass wir ziemlich schnell sind und den kurzen Weg genommen haben, und auch Linda weiß das ganz genau. Das letzte Hindernis nimmt sie mit größter Vorsicht und galoppiert wie ein Rennpferd durchs Ziel, wir feiern uns gegenseitig und ich fühle, dass sie das genießt.


Das wünsche ich mir für Fines Zukunft, als gesundes, belastbares und glückliches Reitpferd. Als Turnierpferd, als Gebrauchspferd, sie möchte sich bewegen, geritten werden, gebraucht werden, möchte gefeiert werden, sie möchte tanzen und sie wird tanzen! Durchs Viereck, durch den Wald, über Wiesen und Felder und vielleicht auch durch einen kleinen Parcours und mit Sicherheit immer mal wieder über die tolle Geländestrecke.


An dieser Stelle muss ich mich korrigieren, denn als ich den Text geschrieben habe, war das mein Irgendwann-Mal-Wunsch für Fine. Aber Fine wäre nicht Fine, wenn sie nicht ganz selbstverständlich und mit Spaß Dinge mit ihrer Besitzerin ausprobieren würde. So erreichte mich kürzlich die Nachricht der begeisterten Besitzerin: Fine springt locker einen kleinen Parcours. Mit Zug ans Gebiss, als hätte sie nie etwas anderes getan.


Für alle, die dem Sport gegenüber ablehnend eingestellt sind, sei angemerkt: Kein Sport ist auch keine Lösung. Gerade für diese Pferde, die ja dafür gezüchtet sind, etwas leisten zu wollen, die Lust haben, sich anzustrengen und zu gefallen. Da braucht es auch sportliche ReiterInnen! (Anm. der Red.)


Mittlerweile reiten wir zusammen (ich bekomme immer ein tolles Pferdchen zur Verfügung) in Gebrauchshaltung und allen Gangarten recht sportlich durch den Wald hinter Fines Reitplatz. Fine meistert auch schwierige Situationen mit Bravour (das hätte ich vor sechs Monaten noch für absolut unmöglich gehalten!), wie einen Waldkindergarten mit schaukelnder Hängematte, Waldarbeiter mit grässlichen Warnschildern und eine höchst aktive Schießanlage. Sie geht voran und lässt meine Bewunderung für sie weiter wachsen und wachsen. 


Fine ist fit!


Ich hoffe, jetzt ist es nicht zu sehr mit mir durchgegangen, aber das waren ziemlich genau meine/unsere Emotionen, Gedanken und Erfahrungen bei dieser Reise mit Fine, Du kannst da aber gerne Dinge weglassen oder ändern.


Saskia


Nein, da will ich nichts ändern. Denn das, was du beschreibst ist nicht nur wunderschön, sondern auch so wichtig um zu verstehen, was diese - und nicht nur diese - Pferde brauchen. Wenn du versucht hättest, eure Hilfengebung zu beschreiben,  was wäre dann noch von diesem genialen Erlebnis übrig geblieben? So hoffe ich einfach, dass das, was ihr fühlen konntet, sich beim Lesen auf unsere LeserInnen überträgt und weiter auf deren Pferde. 


Vielen herzlichen Dank für deinen Bericht und alles Gute für Fine und ihren Menschen!


Und zum Abschluss hier noch der Hinweis auf die neuste Podcast-Folge (13) mit Saskia Brieger zum Thema ECVM-Pferde: https://open.spotify.com/show/0H849YUt3FRvjVsS4mGx7p



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Wo liegt eigentlich euer Fokus, wenn ihr mit eurem Pferd zusammen seid oder mit einem Klientenpferd? Wie sieht euer Weg mit diesem Pferd aus? 

Habt ihr ein Bild davon, wie euer Pferd oder dieses Klientenpferd als starkes, gesundes und belastbares Pferd aussehen würde? Habt ihr eine Vorstellung von den Potenzialen eures Pferdes? Wisst ihr, was es leisten könnte und wollte? 

Ein sehr großer Teil der Pferde, die ich sehe, ist dauerhaft in Behandlung oder Reha, kaum belastbar, und es haben sich ganze Ausbildungssysteme für kleinschrittige Bewegungsoptimierung entwickelt. Diese werden inzwischen leider auch auf die Ausbildung junger Pferde angewandt, die als erstes lernen müssen, so zu laufen wie das kaputte Rehapferd, das keinen Schritt neben der Spur machen darf. 

Ein kleiner Teil der Reiter und Pferde hat das Zeug für den großen Sport, wobei die meisten dieser Pferde ihr Niveau nur durch intensive Betreuung und Behandlung eine Zeit lang halten können. Das sind also nicht zwangsläufig die belastbarsten Pferde, sondern eher die besttherapierten. 

Bei den ehrgeizigen Reiter*innen kommt es darauf an, korrekte Hilfen zu geben, die vom Pferd ebenso korrekt befolgt werden müsse. Die Ausbildungsskala beginnt mit Seitengängen und der hohen Schule... Die meisten von ihnen bleiben irgendwann stecken, es geht nicht weiter, der Gaul will nicht mehr und wird krank. Womit diese Gruppe eine große Schnittmenge mit den anderen beiden Gruppen aufweist. 

Es gibt sicher noch viele weitere Gruppen, die sich dadurch auszeichnen, dass sie diese Schnittmengen mit den oben genannten haben. 

Eine sehr eigene Gruppe mit wenigen Schnittmengen ist die der gesunden und belastbaren Pferde. Anstatt nun weiter die Abstrusitäten zu betrachten, schauen wir doch einfach mal, wodurch sich diese Gruppe auszeichnet: 

Diese Pferde bewegen sich viel im Gelände, auf unterschiedlichen Untergründen und können sich in allen Gangarten bergauf und bergab bewegen. Sie stolpern selten, haben eine gute und unempfindlich Sattellage und tragen ihre Reiter*innen sicher. Sie sind in der Lage, Geländehindernisse wie Gräben und Baumstämme, Bäche und Hänge zu überwinden. Notfalls kommen sie auch auf dem Reitplatz klar... 

Diese Pferde sind ausdauernd, belastbar, meistens recht zuverlässig, unternehmungsfreudig und vor allem selten krank. Sie sind irgendwie normal. 

Es ist ein Trugschluss, dass die Pferde das können, weil sie gesund sind. Sie sind gesund, weil sie das können und weil sie ihren eigenen Aufgabenbereich haben. 

Es gibt einen gangbaren Weg dorthin.

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